Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 9./10. Januar 1999

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"Der Kampf um die Daten / Nutzerprofile sind wertvoll - Kontrollbehörden sollen Privatsphäre schützen
... Besonders leicht geht das Datensammeln im Internet, ... . ... Während europäischen Datenschützern die Anhäufung solcher Datenprofile und die Gewinnvorteile, die sich aus dem Handel mit dieser 'digitalen Währung' ziehen lassen, seit langem ein Dorn im Auge sind, herrschen in Amerika noch weitgehend unbegrenzte Möglichkeiten. ... Dieses Vorgehen ist in der Europäischen Union jedoch nicht mehr erlaubt, seit kürzlich eine Richtlinie des Europäischen Parlaments in Kraft getreten ist, die die Privatsphäre der Bürger schützen soll. Deren Kernaussagen für den Datenschutz sind bereits im deutschen Multimediagesetz vom August 1997 umgesetzt worden. Danach ist es Anbietern aus der EU im allgemeinen nicht gestattet, Nutzerprofile mit Namen anzulegen. Alle von einem Online-Besucher erhobenen Daten müssen sofort wieder gelöscht werden, wenn dieser die Site verläßt. Ausnahme: Werden sie zu Abrechnungszwecken benötigt, dürfen sie für eine begrenzte Zeit gespeichert werden. ... Die EU-Mitgliedstaaten werden zudem mit dem Aufbau von Kontrollbehörden beauftragt. Diese sollen darauf achten, daß personenbezogene Daten nicht in Drittländer ohne angemessenes Datenschutzniveau übermittelt werden, also zum Beispiel in die Vereinigten Staaten. ... Besonders Ira Magaziner, der ehemalige Internet-Berater Bill Clintons, setzte sich dafür ein, den Datenschutz den Unternehmen selbst zu überlassen: 'Wenn es jemals einen Bereich gab, der vom Markt gesteuert werden sollte, so ist es dieser.' Angesichts dieser unterschiedlichen Auffassungen und Praktiken müßte der Datenversand weitgehend eingestellt werden. Das zumindest meint der Datenschutz-Beauftragte von Schleswig-Holstein (www.schleswig-holstein.datenschutz.de), Helmut Bäumler. Tatsächlich hat ein schwedisches Gericht der Fluggesellschaft United Airlines bereits untersagt, die in Schweden gesammelten Kundeninformationen in ihr eigenes zentrales Reservierungs-System in den USA einzuspeisen. Im Umgang mit US-Online-Anbietern, die ja nicht an der Grenze zur EU halt machen, bleibt deutschen Surfern so momentan nur der Selbstschutz. Helga Schumacher, die Sprecherin des Bundesdatenschutz-Beauftragten: 'Jeder sollte sich die Vertragsbedingungen auf den Web-Angeboten von US-Firmen genau anschauen.' Falls keine 'Privacy Policy' zu finden sei, müsse sich ein Nutzer sehr genau überlegen, ob er dem Unternehmen personenbezogene Daten anvertrauen wolle." MoPo 9./10.1.99 S. W 8

"Mit 'Cookies' auf Kundenfang
... Cookies sind kleine Dateien, die von Servern auf die heimische Festplatte geschickt werden. Sie ordnen dem Computer des Benutzers eine eindeutige Nummer zu, mit der Webseiten ihre Gäste 'erkennen' können. 'Die meisten Cookies sind harmlos, aber man kann damit auch unerwünschte Dinge anstellen', sagt der Hamburger Datenschützer Ulrich Kühn. ... 'Der Einsatz der Cookies ist in vielen Fällen äußerst problematisch', sagt der Wiener Jurist Viktor Mayer-Schönberger, Experte für Online-Recht. Während die meisten Cookies nach dem Ende einer Internetsitzung automatisch gelöscht werden, versenden einige Unternehmen sogenannte 'persistent cookies' - 'Dauerkekse', die oft über Monate aktiv sind. Mit ihrer Hilfe können die Versender der Cookies feststellen, wo in ihrem Angebot der Surfer sich gerne aufhält und welche Vorlieben er hat. In den USA nutzen Firmen dies zur Erstellung von Nutzerprofilen. Die Richtlinien der Europäischen Union verbieten es jedoch, Daten ohne Einwilligung des Nutzers zu sammeln oder zu erheben." MoPo 9./10.1.99 S. W 8

"Der gläserne Kunde ist längst Realität / US-Händler kennen Kaufgewohnheiten der Kunden genau / Datenschützer sind machtlos
... Die im Vergleich mit europäischen Maßstäben äußerst schwachen US-Datenschutzgesetze lassen solche Datensammlungen zu, und sie erlauben die Weitergabe der detaillierten Kundendaten an Dritte. Prinzipiell ist es also möglich, daß sich zum Beispiel Arbeitgeber erst mal nach den Einkaufsgewohnheiten von Bewerbern erkundigen. ... Beim Online-Handel stehen US-Datenschützer auf verlorenem Posten, der Einkauf im Internet findet grundsätzlich per Kreditkarte unter Angabe des Namens statt." Tsp 10.1.99 S. 30

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"Geschäftsleute begrüßen die Platzverbote / 'Gefährliche Orte': Erweiterte Kompetenzen der Polizei werden mit Sympathie und Skepsis bewertet ... Kontrollen auch ohne Verdacht möglich
Auf eine Verschärfung des Polizeigesetzes haben sich Innensenator Eckart Werthebach und die Fraktionen von CDU und SPD im Abgeordnetenhaus geeinigt. Bei den Änderungen - ein Beschluß steht noch aus - geht es beispielsweise um eine lageabhängige Kontrolle von Personen und Fahrzeugen - auch unabhängig von einem konkreten Verdacht auf eine Straftat. ... Eine Video-Überwachung bestimmter Orte, wie Breitscheid- oder Alexanderplatz - zunächst von der CDU gewünscht - wird es nicht geben." Tsp 10.1.99 S. 10

"Platzverbot für Dealer und Taschendiebe / Polizei darf Mehrfach-Täter an den Stadtrand bringen
... Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, nannte das Koalitionsvorhaben albern. ... Neben dem Aufenthaltsverbot einigten sich die Sicherheitsexperten auch auf 'lagebildabhängige Kontrollen'. Danach kann die Polizei ohne Anfangsverdacht Personen und Autos kontrollieren. Wieland nannte die Kontrollen einen 'Freibrief für die Schleierfahndung' und sprach von einem 'permanenten Ausnahmezustand'." BerlZtg 9./10.1.99 S. 21

"Bettler können verbannt werden / CDU und SPD verschärfen Berliner Sicherheitsgesetz" MoPo 9.1.99 S. 1

Kommentar:
"Berliner Polizeigesetz / Endgültig?
... Die SPD täte gut daran, für einen klareren Kurs in ihrer Sicherheitspolitik zu sorgen und dabei die Ängste der Bürger vor Kriminalität und Gewalt nicht aus den Augen zu verlieren." MoPo 9.1.99 S. 4

"Koalition einig über erweiterte Befugnisse der Polizei
... Allerdings sind die sogenannten verdachtsunabhängigen Kontrollen nicht wie beispielsweise bei der bayerischen Schleierfahndung jederzeit ohne konkreten Anlaß möglich. Die SPD setzte durch, daß sie 'lagebildabhängig' vor allem der Bekämpfung international operierender Straftäter dienen sollen. ... Keine Einigung konnte über die von der CDU gewünschte Videoüberwachung öffentlicher Kriminalitätsschwerpunkte erzielt werden. ... Die beschlossenen Erweiterungen des ASOG sollen nach Möglichkeit noch im Januar durch einen gemeinsamen CDU/SPD-Antrag im Abgeordnetenhaus eingebracht werden. Mit der Verabschiedung der Gesetzesänderungen wird noch vor der Sommerpause gerechnet." MoPo 9.1.99 S. 11

"Platzverbote gegen Drogendealer / Innenpolitiker von SPD und CDU einigen sich auf ein zeitlich befristetes Platzverbot für Drogendealer, Hütchenspieler und 'aggressive' Bettler. Demonstranten sind nicht 'Hauptzielgruppe', doch ist die Regelung auch für sie anwendbar
... Unnachgiebig blieb die SPD bei zwei weiteren Gesetzesverschärfungen, die die CDU gefordert hatte. Eine Videoüberwachung von Kriminalitätsschwerpunkten lehnte sie ebenso ab wie die Verlängerung des Unterbindungsgewahrsams." taz 9.1.99 S. 23

Kommentar:
"Sinnlose Platzverbote / Scheinlösung von Kontroll-Freaks
... Auf Drängen der CDU hat die SPD schon vor einigen Wochen der Einführung von 'lagebildabhängigen Kontrollen' zugestimmt: Wenn der Polizeipräsident die Begehung 'erheblicher Straftaten' erwartet, können Polizisten auch ohne Anfangsverdacht die Ausweise jedes Bürgers kontrollieren." taz 9.1.99 S. 23

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"Beckstein fordert nun den Spähangriff / Bayerischer Minister für optische Überwachung
Der Große Lauschangriff muß nach Auffassung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) durch die optische Überwachung von Wohnräumen ergänzt werden. ... Beckstein forderte alle Bundesländer dazu auf, wie Bayern 'ereignis- und verdachtsunabhängige' Kontrollen auf Autobahnen und Fernstraßen einzuführen. Diese sogenannte Schleierfahndung habe nichts mit einem Polizeistaat und auch nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun." BerlZtg 9./10.1.99 S. 5

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"PDS: Werthebach kriminalisiert Demo
Die innenpolitische Sprecherin der PDS, Marion Seelig, hat Innensenator Eckart Werthebach aufgefordert, den 'CDU-Wahlkampf nicht auf dem Rücken der Polizei auszutragen'. Die Anweisung Werthebachs an die Polizei, das Zeigen von Bildern des PKK-Chefs Abdullah Öcalan durch kurdische Teilnehmer an der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration am kommenden Sonntag müsse die sofortige Feststellung der Personalien nach sich ziehen, stelle eine 'gezielte Provokation' dar." taz 9.1.99 S. 24

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"Lauschangriff am Geldautomaten / Geheimzahl der EC-Karte beim Eintippen abhörbar - Unternehmen zu sorglos
... 'Die Geheimnummern von EC-Karten sind während des Eintippens in den Automaten abhörbar', sagt Hans-Georg Wolf, Sicherheitsexperte bei einer Firma für Spezialanlagen in der Berliner Friedrichstraße. ... Ein speziell ausgerüstetes Laptop, eine Antenne und Software für die Datenanalyse reichen aus. ... Auch der Deutschen Bank scheinen nicht alle Löcher in der eigenen Infrastruktur bekannt zu sein. Obwohl, so Wolf, Ende 1995 rund 300 Kunden Opfer eines Lauschangriffs auf die Bankautomaten wurden, war dem Presseprecher des Geldhauses, Klaus Thoma, der Sachverhalt der 'kompromittierenden Abstrahlung' kein Begriff." MoPo 10.1.99 S. 41

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